Borghesia

EBM und Kommunismus

In den 80er Jahren waren Borghesia, die wie Laibach aus sloweniens Hauptstadt und Kunstmetropole Ljubljana (Laibach) stammen, eines der Aushängeschilder der sogenannten Electronic Body Music. Doch Borghesia waren alles andere als eine typische Band dieser Zeit. Lediglich mit ihren tanzbaren Stücken folgten sie den typischen EBM-Strukturen. Der Großteil ihres Repertoires hatte einen deutlich avantgardistischen und schwer zugänglichen Charakter mit zum Teil klassischen Elementen. Die Band hob sich von den anderen EBM-Bands vor allem dadurch ab, dass sie neben Synthezisern auch akustische Instrumente wie z.B. Klarinette, Saxophon oder Gitarre einsetzte.

Aldo L. und Lado J. gründeten 1980 in einem Jugendzentrum die Underground-Band FV 112/15 aus der vier Jahre später Borghesia hervorging. Um gegen den im damaligen Jugoslawien herrschenden Kommunismus aufzubegehren, suchten die beiden jungen Männer etwas andersartiges und noch nicht dagewesenes. So fand man schnell den Zugang zur damals sehr unkonventionellen elektronischen Musik, mit der Borghesia ihre von Punkeinflüssen geprägte Ideologie sehr gut umsetzen konnten. So begann der Aufstieg zu einer der anerkanntesten europäischen EBM-Bands.

Nach einigen erfolgreichen Konzerten erhielten Borghesia die Möglichkeit auf dem großen "Novy Rock (Neuer Rock)"-Festival zu spielen. Der Auftritt war ein großer Erfolg. So bekam die Band die Chance zwei Tapes mit den Titeln "Borghesia" und "Clones" aufzunehmen. Zu dieser Zeit erweiterten sich Borghesia zum Quartett. Bis 1987 veröffentlichten sie noch das Album "Ljubav je hladnija od smrti (Die Liebe ist kälter als der Tod" und eine Mini-LP mit dem Titel "Njihovi zakoni nasa zivljenja (Deren Gesetze unser Leben)". Bei letzterer Platte ging es inhaltlich um den Wunsch der Unabhängigkeit Sloweniens, der sich im Juni 1991 erfüllen sollte. Diese beiden in Eigenproduktion veröffentlichten Platten, brachten Borghesia einen unerwarteten Erfolg, da das belgische Label "Play It Again Sam" auf die Band aufmerksam wurde und ihr gleich einen Vertrag über mehrere Alben anbot.

Im Jahre 1988 erfolgte dann mit der Mini-LP "No hope no fear" die erste Veröffentlichung auf "P.I.A.S.". Der Durchbruch gelang Borghesia im selben Jahre, als das Titelstück "No hope no fear" auf der legendären "This is Electronic Body Music"-Compilation veröffentlicht wurde. Das Stück entwickelte sich zum Szenehit.

Mit dem Album "Escorts and models" (1988) im Gepäck ging es dann auf die erste Tour durch die Beneluxländer und später durch ganz Europa. Die Albumauskopplung "Naked uniformed dead" konnte sich wie ihr Vorgänger wieder als Tanzflächenfüller etablieren. 1989 erschien die 4-Track-Single "Surveillance and punishment", die sogar im amerikanischen "Melody Maker" besprochen wurde. Als nächstes produzierten Borghesia ein Videotape mit dem Titel "Triumf zelje (Triumph der Wünsche)". Von diesem Video wurden zwei Clips ("Discipline" und "Naked uniformed dead") auf der 1989 erschienen Videocompilation "Electronic Body Music" veröffentlicht.

Im Jahre 1990 erblickten die gelungene Sonic Youth-Coverversion "She is not alone" und das Album "Resistance" das Licht der Welt. Dieser Release festigte Borghesias Ausnahmestellung in der europäischen Electroszene. Nach der Auskopplung der Maxi-Single "Message" schrumpfte die Band wieder zum Duo. In der Ursprungsbesetzung schrieben Borghesia 1991 die Musik für das slowenische Danceperformance-Projekt "Emotional", welche im gleichen Jahre unter dem Namen "Dreamers in colour" auf CD veröffentlicht wurde. Daraufhin folgte Borghesias letzte Tour durch Europa. Das letzte Lebenszeichen dieser erstklassigen Band ist das Album "Pro choice" (wahrscheinlich 1995), welches Stücke enthält, die Borghesia zu verschiedenen slowenischen Videofilmen komponiert haben. Musikalisch ließ die Band auf dieser Platte avantgardistische und technoide Elemente miteinander verschmelzen.

S.G.