Nach einer dreijährigen Wartezeit wird nun endlich wieder neues Material des Dänen Claus Larsen alias Leæther Strip / Klute veröffentlicht. Leider handelt es sich bei dem neuen Release "Carry me" nicht um einen Longplayer, sondern um eine CD-Single mit „nur“ einem neuen Song. Allerdings beweist Claus Larsen mit diesem Stück wieder einmal, dass er Epigonen wie Wumpscut musikalisch auch heute noch meilenweit überlegen ist.

Als im Jahre 1989 mit der Maxi-Single "Japanese bodies" der erste Leæther Strip-Release das Licht der Welt erblickte, konnte noch niemand erahnen, welchen Status sich Claus Larsen innerhalb der Electroszene erarbeiten sollte. Sein musikalischer Werdegang beginnt 1984. Beeinflusst von Bands wie Soft Cell, DAF und Depeche Mode gründete der damals 15 jährige mit ein paar Freunden die Synthie Pop-Band Decode. Nach dem Flop der ersten Maxi-Single stieg er dort allerdings schnell wieder aus und hatte in den folgenden Jahren einige Gastspiele in anderen Projekten, die er aber alle nach kurzer Zeit wieder verließ. Einige musikalische Kostproben dieser Zeit, gibt es auf der vom amerikanischen Leæther Strip-Fan Club veröffentlichten CD "Getting away with murder: murders from 1982 to 1995" zu hören.

Im Jahre 1989 war Claus Larsen an einen Punkt angelangt, wo er spürte, dass er seine musikalischen Visionen nur allein konsequent umsetzen konnte. Daraufhin gründete er sein Soloprojekt Leæther Strip. In einer sechsmonatigen Studioarbeit, stellte der junge Däne 12 Tracks fertig, mit denen er sich dann bei allen angesagten Electrolabeln bewarb. Zoth Ommog, das Bad Homburger Label des Techno-Papstes Talla 2XLC., war sofort an einer Veröffentlichung interessiert. Nach zwei Monaten war der Vertrag perfekt, und Claus Larsen fuhr die 1.000 km von Aalborg nach Bad Homburg um seine erste Maxi-Single und das Debütalbum, unter tatkräftiger Mithilfe der Produzenten Talla (Moskwa TV / Bigod 20) und Ra/Hen (Moskwa TV / Robotiko Rejekto), im Music Research Lab aufzunehmen. Das Resultat konnte sich durchaus hören lassen. "Japanese bodies" schlug, mit 5.000 verkauften Einheiten in nur sechs Wochen, ein wie eine Bombe und entwickelte sich zu einem der angesagtesten Szenehits des Jahres. Leider konnte das folgende Album "Pleasure of penetration" nicht an die Klasse der Single anknüpfen. Der Platte fehlte die Melodiösität, die "Japanese bodies" so überzeugen ließ. Statt dessen setzte Leæther Strip auf standardisierten EBM, der sich nicht von der Masse der damaligen Veröffentlichungen abheben konnte. Gleiches gilt für die 1990 erschienene Maxi-Single "Aspects of agression", die neben einem durchschnittlichem Remix des LP-Titels "Leæther Strip part 2", mit "Fit for flogging" noch einen neuen Song enthielt.

Richtig überzeugen konnte Claus Larsen erstmals mit seiner Mini-CD "Science for the satanic citizen", die ebenfalls 1990 veröffentlicht wurde. Die Entwicklung, die Leæther Strip in nur kurzer Zeit durchmachte, war nicht zu überhören. Die Songs dieser Veröffentlichung wurden getragen durch eine hemmungslose Brutalität und Aggressivität. Ohne Probleme konnten sich Stücke wie "What´s hell really like", "Torment me" und vor allem das fantastische "Satanic citizen" auf den Tanzflächen durchsetzen.

Wer jetzt aber glaubte Leæther Strip würde seinen Hardcore-EBM gnadenlos weiter durchziehen, musste sich nach der Veröffentlichung der 4-Track-Single "Object V" eines besseren belehren lassen. Die Platte enthielt mit "AntiUS" einen für seine Verhältnisse recht eingängigen Song, der aufgrund seiner Melodie und den erstmals nicht gnadenlos verzerrten Vocals schnell zum bis dato größten Hit des Dänen avancierte. Mit den Stücken "Nosecandy" und "Black gold" ließ er es allerdings wieder richtig krachen. Eine ganz andere bis dorthin unbekannte Seite von Claus Larsen zeigte der Song "Mohawk" auf, der durch seine düstere Atmosphäre und seinen schleppenden Rhythmus einen gelungenen Kontrast zu den anderen Stücken darstellte.

Soundtechnisch noch sehr viel heftiger als Leæther Strip fiel Claus Larsens Nebenprojekt Klute aus, das 1991 erstmals das Licht der Welt erblickte. Die Maxi-Single „Explicit“ konnte mit hemmungslosen Hardcore-EBM aufwarten. Der Song „Desert storm“ entwickelte sich schnell zum Tanzflächenfüller. Bei Klute ließ Claus Larsen auch erstmals gesampelte Gitarren mit in die Songs einfließen. Er war somit einer der ersten, der mit dieser heute sehr gängigen Praxis experimentierte. Noch härter als diese Veröffentlichung fiel dann auch der erste Klute-Longplayer aus, der ein Jahr später unters begeisterte Electrovolk gebracht wurde. Bemerkenswert an „Excluded“ ist vor allem die Tatsache, das dieses Album eines der ersten im europäischen Electrobereich war, das bis nach Japan lizensiert wurde.

Seinen Ruf als verheißungsvollster Newcomer im Electrogenre, festigte sich Leæther Strip dann mit dem Album "Solitary confinement" (1992), das man ohne Zweifel als eines der besten Electroalben der Neunziger bezeichnen muss. "Strap me down", "Nothing seen-nothing done", „I am your conscience“ und "Evil speaks" ließen die Clubs seinerzeit erbeben. Mit "Croatia", dem stärksten Song des Albums, konnte man auch erstmals Claus Larsens Hang zum Depressiven erkennen, den er gipfelnd auf "Legacy of hate and lust" auf seinen nächsten Veröffentlichungen immer stärker ausleben sollte. Zusätzlich ist auf "Solitary Confinement" mit "Adrenalin rush" auch das Stück enthalten, dass sich in einer äußerst starken, auf der "Zoth in your mind"-Compilation enthaltenen, Remix-Version zum bis heute größten Leæther Strip-Hit entwickeln sollte. Pünktlich zur ersten und einzigen Tour des Dänen wurde im November 1992 mit "Material" eine neue Mini-CD veröffentlicht, die aber trotz ihrer Tanzbarkeit nicht sonderlich überzeugen konnte.

Nach dem überragendem Erfolg von "Solitary confinement" und der ebenso erfolgreichen Tournee, kletterte Leæther Strip an die Spitze der europäischen Electrobewegung und ließ ein Nachfolgealbum mit Spannung erwarten. 1993 war es dann endlich soweit. Claus Larsen veröffentlichte mit "Underneath the laughter" einen beachtlichen neuen Longplayer. Das vielschichtige Album konnte durch seine eingängige Melodik und durch enormen Abwechslungsreichtum Kritiker und Fans gleichermaßen überzeugen. Stücke wie "Turn to stone" und vor allem "Don´t tame your soul" gehören auch heute noch zum Programm so mancher Szenediskothek. Unzweifelhafter Höhepunkt dieses Albums war aber das sehr atmosphärische elfminütige "Atheistic sermon", das aufgrund seiner musikalischen Vielschichtigkeit eine neue Ära im Leæther Strip-Universum einläutete und schon teilweise seinen zukünftigen Stil vorwegnahm. Doch niemand ahnte zu dieser Zeit wirklich, wie krass Leæther Strips musikalischer Wechsel bereits auf der nächsten CD ausfallen würde.

"Serenade for the dead" (1994) war geboren und schockte die gesamte Electroszene. Anstatt auf Nummer sicher zu gehen und einen Dancehit nach dem nächsten zu komponieren, wagte Claus Larsen das absolute Gegenteil. Rein instrumental und völlig untanzbar. Die Fans waren entsetzt. Ganz im Gegensatz zur Kritik, die "Serenade for the dead" liebte. Claus Larsens Ansatz bei diesem Album war es, einen Soundtrack zu einem imaginären Horrorfilm zu kreieren. Ein Vorhaben, dass man nur als gelungen beurteilen kann, denn das Album besitzt durchweg eine nahezu beklemmende Atmosphäre. Durch seinen düsteren Bombast, ist dieses klassisch angehauchte Werk der passende Score zum Weltuntergang. Noch im selben Jahr erschien die musikalisch äußerst vielseitige CD-Single "Positive depression", die wieder deutlich songorientierter ausfiel. Beim Stück "We deserve it all" bewies Claus Larsen dann erstmals, dass er auch ohne Distortion singen kann. Leider war dieser Veröffentlichung, wie auch dem folgenden Album, in kommerzieller Hinsicht kein großer Erfolg beschert. Die Fans konnten Claus Larsen seine häufigen Stilwechsel lange nicht verzeihen. Ein natürlich äußerst engstirniges Verhalten. Gerade deshalb, weil diese beiden Veröffentlichungen seine stärksten sind.

Mit "Legacy of hate and lust" (1995) legte er dann auch seine bis zum heutigen Zeitpunkt reifste und beste Arbeit vor. Diese Platte ist ein kleines Meisterwerk. Tanzbare Stücke sucht man hier, einmal abgesehen von "No rest for the wicked", vergebens. Stattdessen wird die gesamte Platte von einer unglaublich depressiven Grundstimmung durchzogen. Claus Larsen beschreibt in den Texten seine Gefühle und seine eigene Zerbrechlichkeit. So eine Platte konnte bei all den "harten" EBM-Kerlen natürlich nicht ins Schwarze treffen. Nichtsdestotrotz bescherte uns Claus Larsen mit "Legacy of hate and lust" eine gekonnte Melange aus wunderbar düsterer Atmosphäre und den typischen Leæther Strip-Sounds, deren Symbiose in dem grandiosen "The darkness ends the day" gipfelte.

Nach diesem Album war es für Claus Larsen wieder an der Zeit sein Nebenprojekt Klute zu pflegen. Erstaunlicherweise ließ er auf der CD-Single "Excel" (1995) den Crossover-Charakter der vorangegangen Veröffentlichungen fast völlig fallen. Die neuen Stücke klangen mehr nach alten Leæther Strip als nach Klute. Vielleicht wollte sich Claus Larsen so wieder mit den verlorenen Fans versöhnen.

Ende 1996 erschien dann Leæther Strips mittlerweile sechstes reguläres Album "Rebirth of agony". Obwohl hier mit "Take care of me" und "How do I know" zwei potentielle Hits vertreten waren, konnte Claus Larsen auch mit diesem Werk nicht voll an alte Erfolge anknüpfen. Das lag vor allem daran, dass er einen Großteil der spannend arrangierten Songs mit einer eher schleppenden Rhythmik unterlegte und diese somit für die Tanzflächen eher ungeeignet waren. Soundtechnisch ließ er viele neue Elemente in die Songs einfließen, so dass "Rebirth of agony" in dieser Hinsicht sein wohl innovativstes Album ist. Ein weiterer Grund dafür, warum die Platte von den Fans nicht gerade euphorisch aufgenommen wurde.

Seinen Frieden mit den alten Fans konnte Leæther Strip aber nach Veröffentlichung des vorerst letzten Albums "Self inflicted" (1997) schließen. Bei diesem Release handelte es sich wieder einmal um ein erstklassig arrangiertes und ausgesprochen abwechslungsreiches Werk, dass von seinen tiefen, atmosphärischen Spannungen getragen wird. Claus Larsen verstand es wieder einmal, den Hörer in ein Wechselbad der Emotionen zu versetzen. Selbst die harten und äußerst tanzbaren Nummern wie "Hate me" oder „Tell me what to do“ vermögen durch ihre düstere Atmosphäre zu bestehen.

Leæther Strips letztes Lebenszeichen war die 1997 erschienene Mini-Cd "Anal cabaret", die ausschließlich Coverversionen der 80er-Legende Soft Cell enthielt. Leider konnten Claus Larsens Neuinterpretationen dieser Klassiker nur bedingt überzeugen, so dass man hier nur von einer durchschnittlichen Arbeit sprechen kann.

Im Jahr 2000 meldet sich Leæther Strip aber in gewohnter Stärke zurück. Seine neueste Veröffentlichung "Carry me" beweist eindeutig, dass er nichts von seiner Klasse eingebüsst hat. Der Name Claus Larsen steht somit auch im neuen Millennium für kraftvollen und atmosphärischen Electro. Ohne auf angesagte Trends zu schielen, hat er bis heute immer sein Ding durchgezogen. In den vergangenen elf Jahren konnte er sich von jeder Veröffentlichung zur nächsten stetig weiterentwickeln und dabei das Kunststück vollbringen, nie seine Wurzeln zu verleugnen. Kann man einem Musiker ein größeres Kompliment machen?

S.G.

http://www.leatherstrip.com

Discographie:

1989 Japanese bodies  (12")

1990 The pleasure of penetration (LP/CD)

1990 Aspects of agression (12"/CDS)

1990 Science for the satanic citizen (MLP/MCD)

1991 Object V (12"/CDS)

1992 Solitary confinement (LP/CD)

1992 Yes, I´m limited (CDS) (1.000 copies)

1992 Material (MLP/MCD)

1993 Pleasure for the satanic citizen (CD) (US)

1993 Underneath the laughter (CD)

1993 Fit for flogging (CD) (US)

1994 Serenade for the dead (CD)

1994 Positive depression (CDS)

1994 Double or nothing (DCD) (US)

1995 Getting away with murder 1982-95 (CD) (US)

1995 Legacy of hate and lust (CD)

1996 Best of (CD)

1996 Rebirth of agony (CD)

1997 Yes I´m limitd Vol. II (CD)

1997 Self inflicted (CD)

1997 Anal cabaret (MCD)

1998 Yes, I´m limited Vol. 3 (DCD)

1999 Serenade for the dead (Re-relase) (DCD)

2000 Carry me (CDS)

KLUTE-Discographie:

1991 Explicit 12"/CDS

1992 Excluded CD

1995 Excel CDS