Massiv In
Mensch
Belastendes
Material
(Wire
Productions / Triton)
Nox Obscura 02/2000
Das sich die Electronic Body Music seit Jahren
in einer Phase der absoluten Stagnation befindet, muß ich wohl kaum
erwähnen. Die junge Band Massiv In Mensch tritt nun an, um diesem Umstand
entgegenzuwirken. Ihre, nach eigenen Aussagen, stellenweise "sehr gewagte"
und innovative Musik will "bewußt musikalische Grenzen überschreiten
und neue Felder beackern, die sonst der üblichen Szene fremd sind".
Na ja, so weit sind Massiv In Mensch noch lange nicht. Vielmehr bietet uns
die Band auf dem Debüt "Belastendes Material" klassischen EBM, den man
stilistisch irgendwo zwischen Funker Vogt und älteren Apoptygma Berzerk
einordnen muß. Die Musik besteht zu großen Teilen aus Samples.
Und da liegt auch der Knackpunkt dieses Albums. Viele der verwendeten Sounds
kennt man schon zu genüge von anderen Bands dieses Genres. Ganz besonders
die Prodigy- und Terminal Choice-Samples sind mehr als überflüssig
und widerlegen die selbstgepriesene Eigenständigkeit von Massiv In Mensch.
Neue und stilübergreifende Elemente kann ich auf diesem Werk keine
entdecken. Somit wäre auch zum Thema Innovation alles gesagt. Inhaltlich
"behandeln Massiv In Mensch dekadente Strömungen und Defekte, die das
gesellschaftliche Zusammenleben stören". Ob ihnen das mit der teilweise
sehr abgehobenen Art ihrer Texte wirklich gelingt, sollte jeder Hörer
für sich selbst entscheiden. Was "Belastendes Material" aber für
alle Electro-Liebhaber interessant macht, ist die gnadenlose Tanzbarkeit
des Albums. Ich würde mich nicht wundern, wenn sich die ein oder andere
Nummer zum Szenehit entwickeln könnte. Stücke wie "Offensivschock",
"Hans Gruber" oder "In Zeiten wie diesen" sind mit ihren eingängigen
Refrains dafür jedenfalls äußerst prädestiniert. Ein
weiterer Pluspunkt, der Massiv In Mensch von anderen Genrebands abhebt, ist
die Stimme von Sängerin Sarah Folkens, die im krassen Gegensatz zu den
EBM-typischen Vocals des Sängers steht. Somit ist "Belastendes Material"
alles in allem eine lohnende Anschaffung für alle EBM-Anhänger.
Anspruchsvollere Hörer sollten sich allerdings anderweitig orientieren,
denn den oben erwähnten eigenen Ansprüchen von Eigenständigkeit
und Innovation wird die Band mit ihrem Debüt leider in keiner Weise
gerecht.
S.G.